Heute habe ich meine letzte AG-Klausur vor dem Examen in drei Wochen geschrieben. Eigentlich ja eine ganz gute Idee, da nochmal hinzgehen, dachte ich. Nachdem ich die letzte im Dezember verpasst hatte, weil ich krank im Bett lag, hatte ich sowieso nicht wirklich eine andere Wahl.
Jedenfalls war diese hier wesentlich einfacher. (Bei der letzten kam so was Abstruses wie die Anwendung des § 917 BGB in dreifacher Analogie dran... nicht wirklich schön...).
Heute war das viel netter. Ein echter Klassiker! Tausend mal gehört. Man konnte nix mehr falsch machen.
Oder doch?
Der Mandant (es war eine Anwaltsklausur) brauchte dringend Hilfe, um die Versteigerung seines bereits gepfändeten BMWs abzuwenden. Der Gläubiger hatte einen titulierten Anspruch iHv 24.000 DM (jaja, das ist kein Fehler ;-) ) aus einem Prozessvergleich. Dem Mandanten hatte er die Hälfte der Forderung nach dem Vergleich gestundet, einen Teil hatte der Mandant schon bezahlt und über den Rest erklärte er die Aufrechnun mit einer Gegenforderung.
So weit, so gut. Ein echter Klassiker! Tausend mal gehört. Es konnte ja nix schiefgehen.
Eine Vollstreckungsabwehrklage, bei der der Abs 2 nicht angewendet wird, weil es sich um einen Prozessvergleich handelt (wegen der fehlenden Rechtskraft). Dazu wollte der Klausurensteller bestimmt noch der Streit über den maßgeblichen Zeitpunkt für die Präklusion der Gestaltungsrechte hören. (Die einen stellen auf die Kenntnis der Gestaltungslage, die anderen auf das Entstehen der Gestaltungslage und die Dritten auf den Zeipunkt der Erklärung des Gestaltungsrechts ab.)
Aber der Gläubiger hatte die Stundung widerrufen. Hm, Stundung... tausend mal gehört.... nie Gedanken drüber gemacht.... steht die eigentlich??? Hm, materielles Recht ist ja soooooo lange her. Da werfe ich doch mal einen Blick auf die Idiotenwiese im Schönfelder und im Palandt. Das hilft bestimmt. Denkste!
Nicht gesetzlich geregelt? Kann das sein? Und wie kann man so was denn widerrufen? Doch bestimmt nicht einfach so!
Tja, lange überlegen gab´s nicht. Also habe die Stundung dann einfach als im Gesetz nicht geregelte rechtsgeschäftliche Vereinbarung über die Fälligkeit einer Leistung in Abweichung zu § 271 BGB definiert.
Für den Widerruf habe ich dann wertende Überlegungen aus allen Bereich des Schuldrechts herangezogen (sozusagen ein Streifzug durchs Schuldrecht), weil irgendetwas muss man ja schreiben.
Naja, und nach fünf Stunden ist so ein Ding dann ja auch endlich geschrieben.
Auf dem Heimweg kamen mir dann allerdings die Zweifel. Mist! Was, wenn es die Stundung doch irgendwo im Gesetz gibt? Und ich hab sie am Ende nur im Eifer des Gefechts übersehen? Oh nein! Das ist ja wie nicht wissen, dass der Kaufvertrag in § 433 BGB geregelt ist und einen Vertrag sui generis daraus machen... Wie peinlich! Ich überlegte schon, ob ich den Anwalt gleich anrufen sollte, um ihn zu bitten, in meine Klausur gar nicht erst reinzuschauen.
Zuhause angekommen, gleich der Blick ins Rechtswörterbuch.
Und da steht: Stundung ist die Hinausschiebung der Fälligkeit (§ 271) einer Forderung, die meist auf Vertrag, seltener auch auf Hoheitsakt beruht.
Puh! Das ist ja nochmal gutgegangen. :-)
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